Bürgerdialog zur Intel- Ansiedlung in Wanzleben

Foto: Ch.Bauer

Nachlese

von Christine Bauer

Zum 20.9.2022 luden BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Sachsen-Anhalt, der
Kreisverband Börde sowie der Kreisverband Magdeburg zu einem Bürger-Dialog im
Kulturzentrum Wanzleben (Börde). Anlass war die geplante Ansiedlung des US-Chipherstellers Intel in der Regiopole Magdeburg. Neben Medienvertretern folgten zahlreiche Bündnisgrüne Mitglieder aus der Börde, Magdeburg aber auch den angrenzenden Landkreisen sowie 65 – 70 interessierte Bürgerinnen und Bürger diesem Aufruf.

Madeleine Linke, Landesvorsitzende von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Sachsen-Anhalt bekräftigte zu Beginn die grundsätzlich positive Haltung von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN zur Ansiedlung von Intel. Perspektivisch werden der Arbeitsmarkt, die Wissenschaft, die Kultur und die Vielfalt davon profitieren, EntscheidungsträgerInnen wie der Staatssekretär für Strukturwandel und Großansiedlungen in der Staatskanzlei des Landes Sachsen-Anhalt Dr. Ude und Magdeburgs Wirtschaftsdezernentin Yvonne Stieger stellten allgemein gehalten die wichtigsten Themenkomplexe der Ansiedlung des Chipherstellers vor. Der Intel-Beauftrage des Landkreises Börde Danny Schonscheck wies auf den Landkreis als Genehmigungsbehörde und die Anhörung von Naturschutzverbänden in den Verfahren hin.

Als Moderation führte der stellvertretende Bundesvorsitzende von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Dr. Heiko Knopf durch den Abend. (PM BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Im Detail wurden 4 Themenkomplexe näher diskutiert:

  • Bauen, Wohnen und Flächenversieglung
  • Wasserversorgung und Abwasserbehandlung/ableitung
  • Mobilität(sanbindung)
  • Artenschutz und Ausgleichmaßnahmen

Madeleine Linke definierte folgende Kriterien und Herausforderungen dazu:

Bauen, Wohnen und Flächenversieglung:

  • wir gehen von 4.000 neuen Familien in der Regiopole bis 2027 aus
  • in der Fläche der Regionalen Planungsgemeinschaft Magdeburg liegt noch sehr viel Baupotential in bereits beschlossenen Bebauungsplänen sowie gültigen Baugenehmigungen
  • Wir sehen kaum Bedarf in der Neuausweisung von Bauland. Sollte dies doch passieren, dann vorrangig auf bereits versiegelten Flächen bzw. Konversionsflächen und über alle Gemeinden hinweg. Die Gemeinden sollten sich hier absprechen und nicht gegeneinander agieren.
  • trotz erheblicher Leerstände von Wohnungen in Magdeburg und Häusern in den Gemeinden, braucht es auch qualifizierten Neubau. Dabei ist jedoch auf Durchmischung, sozialen Wohnungsbau, Familienwohnungen sowie energieeffizientes Bauen zu achten
  • moderne Wohnformen wie Reihenhäuser, Doppelhaushälften und Stadtvillen für mehrere Parteien sind Einfamilienhäusern mit hohem Versieglungsgrad pro Einwohner*in zu bevorzugen

Wasser(wirtschaft):

  • trotz der hohen angestrebten Wasserrecyclingquote von 90% steht die Region vor einem riesigen Wassermengenbedarf und einer extrem hohen Investitionssumme für die Filter- und Klärtechnik
  • wir sehen vier Möglichkeiten den Wassermengendarf zu decken. Dabei sollten unserer Meinung nach alle vier Quellen genutzt werden, damit keine davon zu sehr beansprucht wird und anderen Regionen und Wirtschaftsfelder wie z. B. die Dürre-geplagte Landwirtschaft leiden

Diese sind:

  • das Wasserwerk Colbitz – TWM
  • die Wasserversorgung aus dem Harz (Rappbodetalsperre)
  • die Nutzung von Elbewasser (Leitungssystem ist zu klären)
  • die Versorgung über Wolfsburg/Oebisfelde und den Drömling
  • darüber hinaus fordern wir die konsequente Wasserrückhaltung und Nutzung von Regenwasser z. B. für die angrenzende Landwirtschaft bzw. Pflanzen auf dem Intel-Gelände

Eine enge wissenschaftliche Begleitung von Hochschulen und Forschungseinrichtungen ist unbedingt anzustreben um die Wasserrecyclingquote noch zu optimieren.

Mobilität(sanbindung):

  • die Erweiterung des S-Bahn-Netzes und der Anschluss von Intel sind für uns unverzichtbar
  • auch die ÖPNV-Anbindung mit Straßenbahn und Lokal- sowie Regionalbuslinien müssen kurz- und mittelfristig auch zum Schichtwechsel funktionieren
  • die angestrebten Radverkehrsanbindungen müssen frühzeitig geschaffen und noch ausgebaut werden
  • der ICE-Halt und eine bessere Fernverkehrsanbindung sind nun nicht mehr debattierbar; Land, Kommunen und auch wir werden den Druck auf den Bund und die DB deutlich erhöhen
  • E-Ladeinfrastruktur, Jobticket sowie ein mehrgeschossiges Parkhaus sind in unseren Augen unerlässlich und keine Verhandlungsmasse.

Artenschutz:

  • Die bisher angesetzten Ausgleichmaßnahmen z. B. im B-Plan der Landeshauptstadt sind qualitativ und quantitativ viel zu wenig.
  • Wir fordern ein Kompetenzzentrum Offenlandarten (Feldhamster, Rebhuhn, Feldlerche) in regionaler Nähe.
  • Bäuerliche Betriebe sind dabei unsere Partner*innen, diese sollten vom Schutz des Feldhamsters stärker profitieren und stärker eingebunden werden.
  • Kurzum: Quellpopulationen schützen, Mutterzellen erhalten und sich an bereits erfolgreichen Projekten in der Region orientieren

Die Fragen aus dem Publikum richteten sich auf die Betreuung der Kinder aus den Familien, die aufgrund der Intelansiedlung den Weg zu uns finden, Möglichkeiten der Aktivierung des stillgelegten Gleisnetzes der Bahn, eine befürchtete Verdrängung von Gartenlandpächtern in Wanzleben, Möglichkeiten der Bewerbung bei Intel und auf den möglichen hohen Trinkwasserverbrauch der Chipfabrik und dessen Deckung. Des Weiteren war der Fragestellerin wichtig, wie sich der hohe Wasserbedarf und eine angedachte Entnahme aus der Elbe mit der Wasserrahmenrichtlinie decken würde und welche Verwaltungsverfahren durchgeführt werden müssen, um das Allgemeinwohl nicht zu gefährden.

Dabei trat auch die Frage auf, woher die Bürgerinnen und Bürger die Informationen beziehen können, die ihnen wichtig sind.

Die Fragen wurden, so es der derzeitige Kenntnisstand zuließ, beantwortet.

Der Mitteldeutsche Rundfunk (MDR) war ebenfalls anwesend, nahm die Veranstaltung auf und führte Interviews.

Madeleine Linke im Interview

Hier ist der MDR- Link zum Zusammenschnitt.