Rettet den Feldhamster

Eine Information der Kreisgruppe Börde des BUND anlässlich des Besuchs der Bundesumweltministerin Steffi Lemke, Bündnis 90/ Die Grünen, in der Börde am 25.08.2022:

Am 15.12.2021 schrieben wir der Ministerin einen Brief und luden sie zu einem Besuch in den Landkreis Börde ein. Themen gibt es genug – Morsleben, Hartgesteinsabbau, Biosphärenreservat Drömling, Colbitz-Letzlinger Heide, Kalihalde Zielitz und nicht zuletzt der Feldhamster. Von der INTEL-Ansiedlung in der Börde war damals noch nicht die Rede.

Seit Jahren sind engagierte Artenschützer des BUND, der Deutschen Wildtierstiftung und des NABU dabei, die Lebensräume des Feldhamsters zu erhalten. Daneben gibt es Landwirte, wie Kay Brüggemann, die schon handeln. Seit über 25 Jahren betreibt er in der Nähe der B1 gegenüber dem Steinbruchs Mammendorf seine erste Feldhamstermutterzelle, inzwischen sind es drei. Seine Felder erkennt man von weitem (Ährenernte, Hamsterstreifen, später Umbruch). Der Erfolg gibt ihm recht. Ganz selten wird darüber berichtet, jedoch haben ihn viele Verantwortliche bereits besucht. Feldhamstertourismus braucht der Feldhamster nicht. Er benötigt Schutz. Die Wildtierstiftung hat in Mammendorf eine Fortbildung organisiert und selbst die EU-Abgeordnete Jutta Paulus hat mit kartiert.

Gruppe beim Kartieren mit der MdEP Jutta Paulus (2.v.r) in Eilsleben Foto: Nina Lipecki DWTS

Der Feldhamster ist eine deutschlandweit vom Aussterben bedrohte Art und untersteht einem EU-weiten strengen Schutz:

  • Rote Liste Deutschland: 1 (vom Aussterben bedroht)
  • Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie (FFH) Anhang IV (streng zu schützende Art von gemeinschaftlichem Interesse).

Ursprünglich war der Feldhamster ein Bewohner der eurasischen Steppen. Er passte sich aber als typischer Kulturfolger den strukturreichen und kleinräumigen Ackerkulturlandschaften an und kommt seither vor allem auf Äckern mit Löss(lehm)-böden vor. Somit ist der Feldhamster seit Jahrtausenden eine Leit- und Charakterart der mitteleuropäischen offenen Landschaft. Man findet ihn aber auch auf Friedhöfen (Wien), in Kleingartenanlagen (Erfurt) und auf dem UNI-Gelände in Göttingen. Seine Gesamtverbreitung in Deutschland erstreckt sich über Teile Sachen-Anhalts, wie die folgende Abbildung zeigt.

Verbreitungskarte Feldhamster (Cricetus cricetus)

Der Feldhamster ist eine bundesweit stark gefährdete Art. In Sachsen-Anhalt, das ehemals zum Kerngebiet seiner mitteleuropäischen Verbreitung gehörte, ist er innerhalb weniger Jahrzehnte vom Schädling zu einer vom Aussterben bedrohten Art geworden. Die Besiedlungsdichte des Feldhamsters hat in den letzten Jahren so stark abgenommen, dass er bereits an einer Vielzahl seiner früheren Siedlungsgebiete nicht mehr zu finden ist. Und dieser Trend hält weiter an! Selbst die besten Böden sind heute keine Garantie mehr für ein Feldhamstervorkommen. Doch kein Mittel war so effektiv wie die Modernisierung der Landwirtschaft: Schwere Maschinen, vergrößerte Felder, beseitigte Kleinstrukturen, Pflanzenschutzmittel und Überdüngung. Außerdem wurden leistungsfähige Kulturpflanzen wie Raps statt der vom Feldhamster bevorzugten Ackerwildkräuter Klee und Luzerne angebaut. Fatal sind weiterhin die offenen Felder, die lange Zeit keinen Schutz vor Feinden bieten. Zusammengefasst sind dies die wesentlichen Veränderungen, die den Feldhamster in Sachsen-Anhalt zu einer bedrohten Tierart gemacht haben. Ihr Übriges tun der Verbrauch und die Zerschneidung der Landschaft, z. B. der Straßen- und Siedlungsbau. Siehe https://www.bund-sachsen-anhalt.com/themen/artenvielfalt-erhalten/feldhamster/

Die Deutsche Wildtierstiftung hat in Eilsleben der Ministerin und der Parl. STS Nick ihr ebenfalls sehr erfolgreiches Projekt „Feldhamsterland“ siehe https://www.feldhamster.de/category/aktuelles-alle-regionen/ vorgestellt.

Kay Brüggemann, Parl. STS BMEL Nick, Bodo Zeymer BUND, Ministerin Steffi Lemke
(Foto BMEL)

Feldhamstermutterzelle 2 von Kay Brüggemann in Mammendorf Foto: Eckehard Kunth

Neben dem Ansatz der Deutschen Wildtierstiftung gilt: Die Feldhamstermutterzelle ist ein weiterer erfolgreicher Baustein zum Arterhalt, denn Feldhamstermutterzellen stellen einen geeigneten Baustein im Feldhamsterschutz dar. Sie umfassen eine Fläche von ca. 50×50 m, auf der Getreide angebaut wird. Dieses wird nicht geerntet und es wird auf Spritzmittel verzichtet. Als Schutz vor Feinden ist der Bereich speziell eingezäunt. Damit können vorhandene Populationen stabilisiert und gestärkt werden. Durch den Aufbau eines Netzes an Hamstermutterzellen in Gebieten mit guten Vorkommen können diese gesichert werden. Wesentlich ist eine regelmäßige Kontrolle der Mutterzelle und Kartierungen der Fläche sowie angrenzender Bereiche. Kot- und Fellproben können Hinweise zu genetischen Aussagen geben. Das Modell von Kay Brüggemann wird inzwischen auch in Hessen angewandt.
Der BUND Sachsen-Anhalt ist seit vielen Jahren aktiv beim Feldhamsterschutz engagiert und kämpft mit allen zur Verfügung stehenden Mitteln (bis zum OVG im Fall Sangerhausen) für den Erhalt der Art. Im Vordergrund steht dabei aus Sicht des BUND Börde ein „Feldhamsterkompetenzzentrum“.

Regelmäßige Veranstaltungen wie Fachtagungen und Diskussionsforen sind angedacht. Die Umsiedlung der „INTEL-Hamster“ in den Tierpark Leipzig ist in Fachkreisen vielbeachtet.

Dabei können wir von anderen Ländern lernen, denn sie sind bereits erfahrener mit Artenhilfsprogrammen (Bayern), AG Feldhamsterschutz (Hessen), Stiftung Naturschutz (Thüringen) sowie der AG Feldhamsterschutz in Niedersachsen. Aber auch unser landeseigenes Rotmilan-Zentrum Halberstadt könnte als Vorbild dienen.

Entsprechende Vorstellungen wurden bereits dem zuständigen Landesumweltministerium, dem INTEL-Kommissionskoordinator Ude und sogar dem Ministerpräsidenten Dr. Haseloff persönlich vorgestellt. Der Landtag hat sich mit dem Thema bereits befasst.

Manfred Sattler, Gärtnermeister beim Grünflächenamt der Stadt Frankfurt und engagierter Naturschützer, bringt es auf den Punkt:

„Wir können zum Schutz des Feldhamsters nur etwas bewegen, wenn die Beteiligten aufeinander zugehen und bereit sind voneinander zu lernen. Neben ständiger Präsenz auf dem Acker ist es wichtig, sich in alle Beteiligten hineinzuversetzen, um deren Sorgen und Nöte nachvollziehen zu können. Dies ist besonders für den Naturschutz leider nicht mehr selbstverständlich. „Lagerdenken“ und Konfrontation führen selten zu einem guten Ergebnis. Deshalb heißt unser Motto: „Gemeinsam für lebendige Felder“.“

Bodo Zeymer Bündnis 90/Die Grünen, für die Kreisgruppe BUND Börde