Kandidatenforum Verdi Sachsen-Anhalt

Thomas Schlenker (zweiter von links), Moderator Lars Johansen (Mitte)

Am Freitagnachmittag stellte sich der Direktkandidat von Bündnis 90/DIE GRÜNEN im Wahlkreis Börde/Jerichower Land, Thomas Schlenker im Kandidatenforum von Verdi Sachsen-Anhalt Bezirk Nord den kritischen Fragen der Gewerkschafter zu den Themen Arbeitsmarktpolitik, Rentensystem, Mindestlohn, Bildung, Gesundheit und sozialgerechtem Klimawandel.

Neben Dr. Franziska Kersten (SPD), Gerry Weber (CDU), David Schlesing (Linke), Mathias Schulte (FDP) war auch der Verdi Landesbezirksleiter Oliver Greie in der vom bekannten Kabarettisten Lars Johansen humorvoll moderierten Runde.

Es wurde deutlich, so Thomas Schlenker, dass Bündnis 90/DIE GRÜNEN auf alle wichtigen gesellschaftspolitischen Fragen, die Richtungsweisenden und konkretesten Antworten geben können. Wir werden den Klimawandel sozialgerecht gestalten durch Einführung des Energiegeldes für Geringverdiener*innen und sofort 12,- € Mindestlohn einführen, das Rentensystem durch Umbau in eine Bürger*innenversicherung absichern und neue zukunftssichere Arbeitsplätze durch den ökologischen Umbau der Wirtschaft mit CO2 neutralen Produktionsbetrieben schaffen.


Auszug:

8 Fragen von Verdi Sachsen-Anhalt Bezirk Nord und 8 Antworten von BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN

  1. Was wollen Sie dafür tun, dass das Rentensystem auch in Zukunft funktioniert?

Die langfristige Sicherung des Rentenniveaus auf mindestens 48 Prozent hat oberste Priorität. Bei Bedarf auch durch Steuerzuschüsse, um Arbeitgeber*innen und Abnehmer*innen nicht mehr zu belasten.

Schrittweise wollen wir die Rentenversicherung in eine Bürger*innenversicherung umwandeln, in die alle einzahlen und von der alle etwas haben. Im ersten Schritt sollen Selbständige in berufsständische Versorgungswerke und Abgeordnete in die gesetzliche Rentenversicherung aufgenommen werden.

Ich bin strikt gegen eine weitere Erhöhung des Renteneintrittsalters. Ich persönlich würde das Renteneintrittsalter von 67 Jahren wieder auf 65 Jahre reduzieren wollen.

Das Programm meiner Partei sieht vor, das Renteneintrittsalter stabil bei 67 zu halten, aber den Menschen die Möglichkeit zu geben, selbst darüber zu entscheiden, wann sie in Rente gehen wollen.

  1. Was tun Sie dafür, dass die Arbeitsbedingungen in der Pflege verbessert werden?

Aktuell müssen Beschäftigte in den Gesundheits- und Pflegeberufen zu oft oberhalb ihrer Belastungsgrenzen arbeiten.

Es braucht mehr Lohn, mehr Arbeitsschutz, mehr Anerkennung und vor allem mehr Kolleg*innen. Gute Löhne erreicht man nur über gute Tarifverträge. Darin muss auch der Arbeitsschutz verbindlich verankert sein.

Wir setzen uns für eine 35 Stunden Arbeitswoche in Gesundheits- und Pflegeberufen ein, bei vollem Lohnausgleich – im Interesse einer besseren Vereinbarkeit von Familie und Beruf. Die Basis bildet eine bedarfsgerechte Personalbemessung in der Pflege. Die Ausnahmeregelungen im Arbeitszeitgesetz wollen wir beschränken, um die Überlastung des Personales zu vermeiden.

Wir wollen die Pflegeversicherungen verpflichten, dass diese nur noch mit Anbietern zusammen arbeiten, die nachweisen können, dass sie ordentliche Tarifgebundene Löhne zahlen. Um die Attraktivität der Pflegeberufe zu steigern, wollen wir die Ausbildung, Selbstorganisation und Einflussmöglichkeiten der professionellen Pflege und ihrer Strukturen auf Bundesebene verbessern. Beispielsweise durch eine Bundespflegekammer, welche Mitspracherechte im Bundesausschuss und in anderen Entscheidungsgremien bekommt.

  1. Wie würden Sie einen sozial gerechten Klimaschutz gestalten?

Mit einem Klimaschutz-Sofortprogramm führen wir unser Land auf den 1,5 Grad-Pfad. Dabei geht es um Klimagerechten Wohlstand für uns alle.

Die Politik muss Rahmenbedingungen schaffen, die es den Bürger*innen auf sehr einfache, günstige und attraktive Weise leicht macht, umweltfreundlich zu handeln. Vor allem Geringverdiener*innen entlasten wir mit einem Energiegeld, einer Reduzierung der EEG- Umlage und einem Klimabonus. So wird Klimaschutz sozial gerecht.

Mit jährlichen Investitionen von 50 Milliarden Euro in den sozial-ökologischen Veränderungsprozess vom aktuellen Zustand in eine CO2 neutrale Wirtschaft und Lebensweise schaffen wir sichere Arbeitsplätze.

Des Weiteren wollen wir Teile der Natur sich selbst überlassen und nachhaltiger in Land- und Forstwirtschaft arbeiten. Außerdem wollen wir eine, wo es sinnvoll ist, gezielte Aufforstung von Mischwäldern.

  1. Wie hoch muss Ihrer Ansicht nach der Mindestlohn sein?

Eine Vollzeitkraft muss von dem Lohn leben und später auch eine gute Rente beziehen können, die oberhalb des Existenzminimums liegt. Wir wollen sofort einen Mindestlohn von 12,00 € einführen. Sozialpartnerschaft, über Tarifverträge gebundene Beschäftigung und Mitbestimmung sind die Eckpfeiler unserer sozialen Marktwirtschaft. Sie haben unser Land stark gemacht. Steuerschlupflöcher müssen konsequent gestopft werden. Wo produziert wird, müssen auch die Steuern bezahlt werden.

Ich finde, Menschen mit hohen Einkommen (über 100.000 Euro) können höhere Steuern zugemutet werden. Über eine gerechtere Entlohnung sollte jeder einzelne Beruf mehr Wertschätzung erfahren. Staatliche Fördermittel dürfen nur in Unternehmen fließen, die ihren Angestellten einen gerechten Lohn bezahlen und Arbeitsplätze in Deutschland sichern und schaffen.

  1. Wie gelingt es Ihnen, dass der Bildungserfolg nicht nur vom Elternhaus abhängt?

Ein gutes Bildungssystem ist essenziell für gleichwertige Lebenschancen und guten gesellschaftlichen Zusammenhalt.

Zu einem guten staatlichen Bildungssystem müssen alle Kinder gleich welcher Herkunft, gleichen Zugang und gleiche Förderchancen haben. Wo Kinder von zu Hause aus auf wenig Förderung hoffen können, wo der Zugang zu Laptops oder Tabletts fehlt, muss ein gutes Bildungssystem mit einer starken sächlichen Ausstattung einspringen und alle Lehrmittel bereitstellen. Kinder-, Jugendeinrichtungen und Schulen sind ein Ort der Begegnung und des Austausches. Das kann nur durch Präsenz erfolgen. Deshalb stehen wir für Ganztagsschuleinrichtungen mit bedarfsgerechter Personalplanung bei Lehrer*innen -, Erzieher*innen und Schulpädagogen*innen.

Kulturelle Bildung muss ein elementarer Baustein unseres Bildungssystems sein. Bildung ist ein Recht für jedes Alter und jeden Lebensweg. Auch in der Lebensmitte muss ich die Chance zur Weiterbildung haben, um z.B. einen Schulabschluss nachzuholen, Abitur zu machen oder zu studieren. Abend- und Volkshochschulen mit guter Ausstattung und Lehrpersonal sind daher sehr wichtig.

  1. Was tun Sie, um die Situation für ErzieherInnen und LehrerInnen zu verbessern?

Eine gute und leistungsgerechte Bezahlung. Lehrer*innen und Erzieher*innen brauchen in Ihrem Beruf auch Auszeiten, um sich zu erholen. Denn Kinder erziehen und Wissen vermitteln ist ein extrem anstrengender Job. Das sind Berufe, die sehr stark an der eigenen Persönlichkeit, der eigenen Psyche und mentalen Stärke zehren. Es braucht auch Zeiträume, in denen sich Lehrer*innen und Erzieher*innen vorbilden können. Bildung ist ein Recht für jedes Alter und jeden Lebensweg. Lehrer*innen und Erzieher*innen brauchen auch von Zeit zu Zeit ein Coaching, um sich auf die immer wieder neuen Herausforderungen in unserer Gesellschaft und die sich verändernden Charaktere einstellen zu können.

  1. Was werden Sie gegen Armut unternehmen?

Es gibt ganz verschiedene Formen der Armut, die Kinderarmut, Armut während der Zeit des Arbeitslebens und die Altersarmut. Wobei sich daraus ein Teufelskreis der Armut ergibt. Auch hier gilt zuerst. Es müssen faire und gerechte Löhne bezahlt werden, damit Familien, Alleinerziehende oder Alleinlebende ein ausreichendes Lebenseinkommen haben. Dazu müsste es im Idealfall in allen Branchen tarifgebundene Löhne geben.

Einführung einer Kinder-Grundsicherung. Im Moment gibt es viele Hilfen für Kinder z.B. Kindergeld, Kinderfreibetrag, Kinderzuschlag, Sozialgeld für Kinder – die wollen wir in eine Kinder-Grundsicherung zusammenfassen. Kinder aus Familien mit wenig Einkommen erhalten zusätzlich Geld, d.h. dann Garantie-Plus Betrag. Je niedriger das Familieneinkommen, desto höher ist der Garantie-Plus Betrag. Nach einmaliger Beantragung nach der Geburt, wird die Kindergrundsicherung von der Familienkasse berechnet und ausgezahlt.

Armut muss weltweit bekämpft werden, in dem wir Transferleistungen in andere Länder auch an Bedingungen knüpfen. Vor allem an die Bedingung, die sozialen Sicherungssysteme aufzubauen und zu stärken.

  1. Was tun Sie, um den Wandel der Arbeitswelt sozial verträglich zu gestalten?

Es geht darum, Vollbeschäftigung zu schaffen. Jede/r muss die Möglichkeit haben, eine Job annehmen zu können. Der Job muss dann auch fair und gerecht bezahlt werden. Der Niedriglohnsektor muss in den nächsten Jahren ausgetrocknet werden durch stetige Steigerung des Mindestlohnes und durch tarifgebundene sichere Beschäftigungsverträge. Die Gewerkschaften und die Personalvertretungen bzw. Betriebsräte müssen gestärkt werden.

Flexiblere Arbeitszeit und Beschäftigungsmodelle, die Familie und Beruf vereinbaren. Homeoffice in Branchen, wo es möglich ist.

Wir wollen die Arbeitslosenversicherung zu einer Arbeitsversicherung umbauen. Zentral dafür ist ein Rechtsanspruch auf Weiterbildung und die Stärkung der beruflichen Qualifikation. Bereits ab 4 Monaten sozialversicherungspflichtiger Tätigkeit soll es die Arbeitsversicherung geben. Auch Selbstständige wollen wir besser absichern durch Zugang für eine freiwillige Arbeitsversicherung. Dann hätten auch Selbstständige in schwierigen Wirtschaftslagen den Anspruch auf Kurzarbeiter- oder Arbeitslosengeld.